Nachdem Rostock als erste Stadt in Mecklenburg-Vorpommern die Warnstufe 2 (orange) auf der landeseigenen Corona-Ampel erreicht hat, weicht die Regierung die für diesen Fall vorgesehenen Maßnahmen teilweise auf. So müsste vom kommenden Montag an die Teilnehmerzahl an Veranstaltungen im Freien in der Hansestadt eigentlich von 15.000 auf 2500 Teilnehmer beschränkt werden, wie Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) am Dienstag in Schwerin nach einer Sitzung des Kabinetts sagte. Das schiebe man nun in die nächste Ampelphase, weil die Krankenhausbelastung noch gering sei. Auch Kontaktbeschränkungen wolle man derzeit nicht.

Gelten sollen hingegen ab Montag in Rostock wieder Testpflichten für Ungeimpfte, etwa beim Friseurbesuch, im Fitnessstudio, im Innenbereich der Gaststätten sowie in Kino und Theater. In den Schulen der Hansestadt muss dem Bildungsministerium zufolge bereits von diesem Mittwoch an erneut Maske getragen werden.

Am Dienstag erreichte auch Schwerin erstmals die Warnstufe orange. Rostock ist bereits seit Sonntag dort.

Das Kabinett verständigte sich zudem darauf, die bisher sechs Stufen umfassende Corona-Ampel in Mecklenburg-Vorpommern zu vereinfachen. Denkbar seien weniger Stufen, sagte Schwesig. Eine Entscheidung dazu wolle das Kabinett am kommenden Dienstag treffen. Einen völligen Verzicht auf die Ampel und ein Modell wie in Baden-Württemberg – Zugang für Geimpfte, Genesene und Getestete unabhängig von der Inzidenz – lehnte Schwesig ab. Das System dort sei nicht so einfach wie es auf den ersten Blick erscheine. Außerdem nüssten dann überall im Nordosten Testpflichten gelten, was sie als nicht nötig ansehe.

Mit einer Postwurfsendung an alle Haushalte in Mecklenburg-Vorpommern will die Landesregierung noch nicht Geimpfte für den Piks gegen Corona gewinnen. Von den über 60-Jährigen, die besonders gefährdet sind, einen schweren Verlauf von Covid-19 zu erleiden, seien noch immer 15 Prozent nicht geimpft, sagte die Regierungschefin. «Das sind 70.000 Menschen.» Aber auch die unter 60-Jährigen hätten keine Garantie, nicht schwer zu erkranken, auch wenn sie statistisch gesehen weniger gefährdet seien. «Wenn es einen erwischt, dann ist es so, dass einem die Statistik nicht hilft.»

Nach den Worten des Bio-Informatikers Lars Kaderali von der Universität Greifswald sind vom Coronavirus derzeit vor allem junge Menschen betroffen, was ein Effekt der Impfungen sei. Bei den 15- bis 34-Jährigen betrage die Sieben-Tage-Inzidenz derzeit etwa 70, bei den 5- bis 14-Jährigen liege sie zwischen 30 und 40. Die landesweite Sieben-Tage-Inzidenz in der Gesamtbevölkerung betrug zu Wochenbeginn 25,6. Das Wachstum der Infektionszahlen sei «eindeutig exponentiell», stellte Kaderali fest. Es sei davon auszugehen, dass die Zahlen auch in den kommenden Tagen und Wochen weiter steigen werden – mit einer Beschleunigung im Herbst.

Dabei zeige sich, dass die Krankenhausbelastung bei vergleichbaren Inzidenzen heute dank des Impffortschritts nur ein Fünftel von der in früheren Wellen betrage. Kaderali mahnte in dem Zusammenhang zu einem höheren Impftempo, um die erwartete Welle im Herbst nicht zu groß werden zu lassen. Denn dann könne es durchaus wieder eng in den Krankenhäusern werden.

Ferner beschloss die Landesregierung am Dienstag ein Programm zur Belebung der Innenstädte in Höhe von zehn Millionen Euro. Hintergrund sind die Einbußen von Einzelhändlern und Gastronomen während der Corona-Pandemie. Mancher hat aufgegeben, so dass Leerstände entstanden sind.

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