Nationalpark Ostsee – was ist geplant?

Seit spätestens dem 21.03. herrscht große Aufregung unter den Schleswig-Holsteins Anglern – der Nationalpark Ostsee soll kommen! Der Landessportfischerverband Schleswig-Holstein hat den aktuellen Sachstand in einer Meldung zusammengefasst, welche wir hier auch noch einmal veröffentlichen wollen:

Was bedeutet das für die Angelei? Sind die plakativ markierten Bereiche gleichzusetzen mit Angelverboten? Oder ist gar das Angeln im Nationalpark Ostsee gar nicht von Verboten berührt?

Der Nationalpark Ostsee ist eines der Prestigeprojekte, des Umweltministeriums in Schleswig-Holstein. Für Umweltminister Goldschmidt ist es eines der wichtigsten Vorhaben seiner Amtszeit. Am 21.03. präsentierte er die möglichen Gebiete für den geplanten Nationalpark. Die dort abgehaltene Präsentation ist unter diesem LINK einsehbar. Dort werden unter anderem die verschiedenen Nutzungsmöglichkeiten in den angedachten Zonen erklärt.

Unterm Strich wäre eine dauerhafte anglerische Nutzung nur in der sogenannten Pflegezone, der schwächsten Schutzzone möglich. Wo diese Zonen liegen werden, ist noch völlig unklar – ebenso wie die letztendliche Ausdehnung des Nationalparks. Es ist jedoch jetzt schon abzusehen, dass 50 Prozent der späteren Nationalparksfläche zur Nullnutzungszone gehören sollen, das wäre, je nach Ausdehnung des Parks, ein heftiger Einschnitt in die Nutzung der Ostsee.

Die eingezeichneten Flächen und das Angeln im Nationalpark Ostsee

Wichtig für alle Angler ist zu wissen: die dargestellten Flächen zeigen den möglichen Raum, in dem der Park liegen kann – das heißt nicht, dass der Nationalpark letztendlich die gesamte markierte Fläche ausmachen wird – es ist sozusagen die Maximalfläche. Es bleibt also abzuwarten, wie viel der angepeilten zirka 160.000 ha letztlich wirklich Nationalpark werden – und welcher Zone welche Bereiche zugeordnet werden.

In einer eigens angefertigten Präsentation des MEKUN (Ministeriums für Energiewende, Klimaschutz, Umwelt und Natur) ist genau erläutert, wie die Gebietskulisse aussieht. Hier wird auch erwähnt, welche Schutzgüter in den einzeln markierten Abschnitten geschützt werden sollen.

Der Klick auf Abbildung des MEKUN öffnet die Präsentation zur Gebietskulisse des Nationalparks Ostsee.

Anmerkung des DAFV:

Es geht hier um einen Nationalpark in der Ostsee. Es soll nicht weniger als ein ganzes Meeresgebiet an weiten Teilen der Ostseeküste von Schleswig-Holstein unter Schutz gestellt werden. Was fällt normalen Menschen als erstes ein, welche Tiere vornehmlich im Meer leben und vielleicht in einem solchen Vorhaben auch geschützt werden könnten? Die meisten Menschen würden wohl „Fische“ antworten.  Wenn man die gesamte Präsentation zur Auftaktveranstaltung nach dem Wort „Fisch“ durchsucht kommt das Wort genau einmal vor und zwar bei dem Begriff „fischfressenden Arten wie Sterntaucher“. Ansonsten totale Fehlanzeige. Kein einziges Wort davon, dass da auch Fische im Meer leben und schon gar nicht wie diese geschützt werden könnten.

Das zeigt auf, welchen Stellenwert Fische beim Naturschutz anscheinend einnehmen.

Wir hatten zu dem Thema Angeln im Nationalpark Ostsee bereits gute Gespräche mit Landwirtschaftsminister Werner Schwarz. Dabei wurde deutlich, dass es durchaus Folgen für Fischerei und Angelei geben kann – wir als Landesverband also gefordert sein werden, Allianzen zu schmieden und für unsere und die Interessen aller Angler einzutreten. Genau das werden wir tun! Wir stehen im engen Austausch mit der Fischereibehörde und politischen Parteien, die unsere Arbeit an Gewässern schätzen, unseren Einfluss auf die Natur richtig einordnen und uns in unseren Belangen unterstützen.

Schulterschlüsse sind gefragt

Wir werden überall mit Konsequenz für sinnvolle Regelungen statt symbolpolitischer Einfälle argumentieren und wenn nötig streiten. Jetzt liegt es an uns Anglern und allen anderen Nutzern, zusammen zu stehen und für unsere Rechte einzutreten.

Wir sind diejenigen, die bei Wind und Wetter draußen an der Küste und auf dem Wasser sind. Wir wissen, wann die Eiderente auf den Muschelfeldern frisst, wir sind diejenigen, die den Schweinswalen bei der Jagd zusehen und wir sind es, die Müll mit vom Strand mitnehmen um in einer intakten, gesunden Umgebung unserer Passion nachzugehen. Ja, wir nutzen – aber immer in Verbindung mit Umsicht und Schutz dessen, was wir lieben. Das werden wir deutlich machen.

Visionen der grünen Umweltpolitik

Dass der Umweltminister sich „einen echten Aktivitätsschub“ und „enorme Chancen für den Tourismus und die Wirtschaft“ an der Ostküste erhofft, lässt erahnen, dass die Rolle des Angeltourismus und anderer Wassersportarten entweder unterschätzt wird – oder, was erfreulich wäre, dass Angler und Wassersportler von den Schutzregelungen des Nationalparks kaum betroffen sein sollen. In jedem Falle dürfte es beispielsweise bei Anbietern von Ferienunterkünften zu keiner großen Begeisterung führen, wenn der Strände vor deren Haustür plötzlich nicht mehr betreten werden dürfte. Wir Angler zum Beispiel sorgen in der Küstenregion vor allem außerhalb der Hauptsaison für gebuchte Hotels an Meerforellen- und Plattfischstränden.

Welchen positiven Effekt sich das Ministerium von dem Schutz im Nationalpark für die Ostsee erhofft, wurde am 21.03. ebenfalls erörtert: Es solle unserem flachen Randmeer „zukünftig wieder besser gehen“. Da jedoch vor allem fehlender Wasseraustausch und eine dauerhafte, nicht stoppende Nährstoffbelastung das große Problem der Ostsee darstellen, ist es fraglich, was eine Nullnutzung weiter Bereiche der Ostsee bringen wird. Auch die seit Jahren bekannte Gefährdung der Ostsee durch Munitionsreste dürfte für eine bessere Zukunft der Ostsee eine zentrale Rolle spielen. Vielleicht ließen sich Gelder, die jetzt für umfangreiche Planungs- und Abspracheprozesse ausgegeben werden, bei der Bergung von Munitionsaltlasten mitunter sinnvoller ausgeben.

Das soll nun aber nicht bedeuten, dass wir gegen die Schaffung eines Nationalparks sind – wir fordern dabei allerdings, dass anhand belastbarer Daten und auch mit Augenmaß in Hinblick auf die Nutzer – alle Nutzer – Entscheidungen getroffen werden.

Die Kehrseite einer Null-Kontakt-Politik

Grundsätzlich sind wir der Meinung, dass es ein Fehler ist, Menschen von Naturschätzen allzu sehr fern zu halten. Nullnutzungs- und Null-Betretungszonen bedeuten, dass die Nähe zum Erlebnis Natur verloren geht, dass Menschen in einigen Jahren vergessen haben, was dort eigentlich geschützt werden soll. Gerade junge Generationen profitieren enorm davon, Natur hautnah zu erleben – werden die Menschen ausgesperrt, distanzieren sie sich – junge Menschen entwickeln hingegen vielleicht erst gar kein Gespür für schützenswerte Naturschätze. Dies führt auf lange Sicht zu einem kompletten Kontaktverlust unserer Gesellschaft zur Natur. Wir sind der Meinung: nur, was wir kennen, was wir mit unseren Sinnen erleben, können wir auch mit ganzem Herzen schützen. So machen wir es zum Beispiel mit der Meerforelle seit Jahrzehnten. Niemand sonst steckt so viel ehrenamtliche Arbeit in den Schutz einer Art, wie wir Angler im Falle der Meerforelle.

Wo es nötig ist und dem Schutz seltener Arten nützt, unterstützen wir natürlich Betretungs- und Nutzungsverbote – wie sie beispielsweise jetzt schon in zahlreichen Vogelschutzgebieten bestehen. Bei unseren dänischen Nachbarn werden diese Betretungsverbote übrigens größtenteils an der Brutzeit festgemacht, außerhalb dieser Periode dürfen diese Strände und Flächen durchaus betreten und die Natur erlebt werden. Das Gleichgewicht zwischen Natur-Erlebnisräumen – mit Nutzung – und absoluten Schutzräumen muss gewahrt bleiben: im Sinne der Natur, zu der auch wir Angler am Wasser uns zählen.