Der Aal ist ein vom LAV MV durch einen umfassenden besatz unterstützter Fisch. Diese seit über 20 Jahren laufende Arbeit bildet eine Grundlage des so wichtigen Aalmanagementes auf Landes- und Bundesebene. Themaitisch bleibt der Aal für die Anglerschaft ein wichtiger Zielfisch. Dazu folgt nun der Beitrag zum oben genennaten Thema:

Alexander Wever von der Aal-Initiative und der Sustainable Eel Group wirbt für eine Entkrampfung der Diskussion, ob Aal gehandelt und gegessen werden sollte:

Fragt man Handelsunternehmen, warum sie keine Aal-Produkte mehr anbieten oder einige Umweltschutz-Organisation, warum sie den Fang und Verzehr von Aalen kategorisch ablehnen, erfolgt in den allermeisten Fällen die knappe Antwort, dass der Europäische Aal (Anguilla anguilla) als „Critically endangered“ von der IUCN eingestuft sei und „auf der Roten Liste“ stehe, häufig noch mit der Einschätzung, dass der Aal „unmittelbar vom Aussterben bedroht sei“. Wie der Aal auf diese Liste gekommen ist und ob er da eigentlich hingehört, wird in den seltensten Fällen hinterfragt. Dieser Artikel möchte diese Frage beantworten.

Der Aal ist ein besonderer Fisch. Durch seine Körperform können ihn auch absolute Laien von anderen Fischen unterscheiden, gleichzeitig macht ihn sein schlangenähnliches glitschiges Äußeres nicht unbedingt zu einem Sympathieträger. Fischprofis fasziniert vor allem sein einzigartiges, in vielen Bereichen noch unbekannter von langen Wanderungen geprägter Lebenszyklus, sein besonderer Geschmack und die Tatsache, dass sich dieser Fisch noch nicht reproduzieren lässt.

Der Lebenszyklus des Aals lässt sich nicht künstlich reproduzieren

Zwar ist es mittlerweile möglich, adulte Aale mit großem Aufwand zur Abgabe von befruchteten Eiern zu bewegen, die Aufzucht der mikroskopisch kleinen Larven zu Glasaalen stellt aber ein weiterhin nicht lösbares Hindernis dar. Insofern stammen erst einmal alle Aale, ob sie nun frei in die Binnengewässer einschwimmen oder in einer „Aal-Farm“ leben, von Aalen ab, die sich in der Sargassosee vor Florida unter unbekannten Umständen gepaart haben und nach Ablaichen verstorben sind. Ihre Larven haben sich über einen langen Zeitraum, in dem sie von Strömungen quer über den Atlantik getragen wurden, zu streichholzlangen Glasaalen entwickelt, die nun ihren Weg in die europäischen und nordafrikanischen Binnengewässer suchen, in dem sie in Flussmündungen einschwimmen, wo ein kleinerer Teil von ihnen gefangen wird. In den Binnengewässern wachsen sie zu sogenannten Gelbaalen heran, bevor sie sich zu silbrig-schwarzen Blankaalen entwickeln, die zum Ende ihres Lebenszyklus hin wieder den Weg ins nächstgelegene Meer suchen, von wo aus sie dann ihre Reise quer über den Atlantik zurück in die Sargasso-See zurück beschreiten.

In allen Lebensphasen wecken die Aale dabei das Interesse und den Appetit des Menschen und vieler anderer Prädatoren; es sind vor allem antropogene, also vom Menschen gemachte, Einflüsse, die dazu beigetragen haben, dass der Aalbestand, obwohl nicht quantifizierbar, in den vergangenen 200 Jahren massiv zurückgegangen ist. Wichtige Faktoren dabei waren riesige Habitatsverluste durch den Bau von Deichen und Dämmen, eine Explosion der Anzahl der Wanderhindernisse in Form von Wehren, Wasserkraftwerken und Schleusen, fehlendes Prädatoren-Management, Umweltverschmutzung und die Berufs- und Freizeitfischerei auf Aale in allen Lebensstadien.

Beim Ziel sind sich alle einig, über den Weg wird erbittert gestritten

Einig sind sich Wissenschaft, Politik, Umweltschützer, Angler und die Aal-Wirtschaft in ihrem Ziel: einem gesunden, weitverbreiteten Aalbestand, in dem der Aal seine wichtige Rolle in verschiedenen Nahrungsketten wahrnimmt. Gleichzeitig gibt es aber wahrscheinlich bei keinem anderen Fisch eine so emotionale und mittlerweile auch festgefahrene Debatte über den richtigen Weg, den Aalbestand zu schützen und wiederaufzubauen. Und hier hat die „Rote Liste“ der IUCN eine ganz wichtig Bedeutung.

Die IUCN und ihre Quellen

Die IUCN (International Union for Conservation of Nature); ehemals bezeichnet als Weltnaturschutzunion (1990–2008), ist eine internationale Nichtregierungsorganisation und Dachverband zahlreicher internationaler Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen. Sie erstellt unter anderem die Rote Liste gefährdeter Arten und kategorisiert Schutzgebiete. Grundsätzlich ist die IUCN eine angesehene Institution, die allerdings keine eigenen Zahlen erhebt, sondern sich an Zahlen anderer Institutionen wie etwa dem ICES, dem internationalen Rat für Meeresforschung, orientiert.

Die sogenannte rote Liste kategorisiert dabei tausende von Spezies in verschiedene Kategorien, die auch das Risiko eines Aussterbens betrachten. Bei der Einstufung geht es zum einen um die Anzahl der lebenden, fortpflanzungsfähigen Individuen (mature individuals) und das natürliche Verbreitungsgebiet, zum anderen aber auch darum, wie sich der Bestand der Spezies in der jüngeren Vergangenheit entwickelt hat.

Grafik:

Die Kategorie „Critically endangered“ soll ein hohes Bedrohungsrisiko aufzeigen, das über eines oder mehrere von fünf verschiedenen Kriterien belegt werden sollte, unabhängig davon, ob es sich um Säugetiere, Vögel, Amphibien, Fische oder wirbellose Tiere wie Insekten handelt. Damit steht der Europäische Aal auf einer Stufe mit Walen wie dem Atlantischen Nordkaper (200 – 250 erwachsene Tiere) oder der Espanola-Riesenschildkröte auf Galapagos (100 – 200 erwachsene Tiere). Verglichen mit Berggorilla (600 erwachsene Tiere), dem Tiger (< 4.000 erwachsene Tiere) oder dem Iberischen Luchs (156 erwachsene Tiere), die alle als „Endangered“ (gefährdet) eingestuft werden, wird der Aal also schlechter eingestuft.

Die 5 Kriterien der IUCN

Nachfolgend werden die 5 Kriterien auf den Europäischen Aal angewendet.

E: Wahrscheinlichkeit des Aussterbens

D: Verkleinerung der Population

C: Rückgang der Population

B: Verringerung in einem geografischen Gebiet

A: Verringerung der Populationsgröße

Kriterium E: Die Wahrscheinlichkeit des Aussterbens

  • Es muss eine Wahrscheinlichkeit von mindestens 50 % bestehen, dass die Population innerhalb von mehr als 3 Generationen/10 Jahren in freier Wildbahn ausstirbt.

Eine solche wissenschaftliche Untersuchung hat es noch nie gegeben und sie wäre – laut Aussage renommierter Aal-Wissenschaftler – auch kaum durchführbar und berechenbar. In Anbetracht des zwar nicht genau quantifizierbaren Aalbestands, der aus Milliarden von Tieren in unterschiedlichen Lebensstadien besteht, und des enormen Verbreitungsgebiets des Aals ist ein Aussterben nahezu unmöglich. Der Aal hat selbst mehrere Eiszeiten überlebt.

Dieses Kriterium E ist also nicht geeignet, den „Critically endangered“ Status für den Europäischen Aal zu begründen.

Kriterium D: Verkleinerung der Population

  • Die Populationsgröße muss auf einen Bestand von weniger als 50 erwachsenen Tieren reduziert werden.

Ohne dass man den Bestand an erwachsenen Aalen (Gelbaale und Silberaale) in irgendeiner Form beziffern könnte, so liegt dieser sicherlich im Bereich von vielen Millionen, wenn nicht zig Millionen von Tieren. Dies belegen unter anderem Fänge von Anglern und Fischern im gesamten Einzugsgebiet des Europäischen Aals, die Bestände in Aal-Farmen oder die Einschätzung des renommierten Aal-Wissenschaftlers Willem Dekker, der von mehr als 10 Millionen fortpflanzungsfähigen Silberaalen ausgeht.

Dieses Kriterium D kann also ebenfalls nicht den „Critically endangered“ Status für den Europäischen Aal zu begründen.

Kriterium C: Rückgang der Population

  • Die Population muss auf weniger als 250 erwachsene fortpflanzungsfähige Tiere zurückgehen und entweder:
  • Ein Rückgang von 25 % über 3 Generationen/10 Jahre
  • Extreme Schwankungen oder über 90 % der fortpflanzungsfähigen Tiere (MI = mature Individuals) in einer einzelnen Teilpopulation oder nicht mehr als 50 MI in einer Teilpopulation.

Hier gelten zum einen dieselben Argumente, die für das Nichtzutreffen des Kriteriums D herangezogen wurden, zum anderen aber auch die wenig schwankenden Zahlen bei den adulten Tiere, so sie denn wissenschaftlich gemessen wurden.

Dieses Kriterium C ist also ebenfalls nicht geeignet, den „Critically endangered“ Status für den Europäischen Aal zu begründen.

Kriterium B: Verringerung in einem geografischen Gebiet

  • Diese Verringerung muss auf einer Fläche von weniger als 100 km² erfolgen ODER das Verbreitungsgebiet muss weniger als 10 km² betragen.
  • Starke Fragmentierung des Lebensraums oder Vorhandensein an nur einem Ort
  • Rückgang der Ausdehnung des Vorkommens, des Verbreitungsgebiets, der Fläche/Ausdehnung/Qualität des Lebensraums, der Anzahl der Standorte/Teilpopulationen oder der Menge der MI (MI = mature Individuals).
  • Extreme Schwankungen in Bezug auf das Ausmaß des Vorkommens, das Verbreitungsgebiet, die Anzahl der Standorte/Teilpopulationen oder das Ausmaß der MI

Der Lebensraum des Europäischen Aals reicht von Nordnorwegen und Island im Norden bis zum Nil im Süden und von der Sargassosee im Westatlantik im Westen bis ins tiefe Zentraleuropa und das östliche Mittelmeer im Osten. Zusammen sind dies weit über 10 Mio. km². Dabei findet sich der Aal im Meer und an der Küste, in Flüssen, Seen, Bächen und Kanälen, solange man ihm die Möglichkeit zur Wanderung lässt. Der Einsatz von engagierten Menschen, v.a. Fischern und Anglern, führt übrigens dazu, dass sich dieses Verbreitungsgebiet weiterhin erhält.

Auch mit dem Kriterium B kann man offensichtlich den „Critically endangered“ Status für den Europäischen Aal nicht begründen.

Es bleibt also nur noch ein Kriterium übrig, welches dann in der Tat herangezogen wird, um die „Critically endangered“-Einstufung zu begründen.

Mögliche Trennung des Artikels in einen ersten und zweiten Teil

Falls 2 Teile, dann käme hier noch eine kurze Einleitung

Kriterium A: Verringerung der Populationsgröße

  • Die Verkleinerungsrate wird entweder über einen Zeitraum von 10 Jahren oder über drei verschiedene Generationen innerhalb dieser Art gemessen.
  • Die Ursache für diesen Rückgang muss ebenfalls bekannt sein.
  • Wenn die Gründe für die Verringerung der Population nicht mehr bestehen und rückgängig gemacht werden können, muss die Population um mindestens 90 % verringert worden sein.
  • Wenn nicht, muss die Population um mindestens 80 % reduziert worden sein.

Weder die IUCN noch der ICES, von dem die IUCN ihre Zahlen bezieht, sind in der Lage den Aalbestand in irgendeiner Form zu quantifizieren; nebenbei gesagt kann dies niemand, dafür ist der Bestand auch viel zu groß und viel zu weit verbreitet. Stattdessen wird eine auf einem nicht überprüfbaren Modell basierende Berechnung von Glasaalankünften als Indikator verwendet. Dieser Ansatz ist wissenschaftlich fragwürdig, da keine lineare Korrelation zwischen an wenigen Stellen gezählten ankommenden Glasaalen und der Anzahl erwachsener Aale besteht.

Man muss eher davon ausgehen, dass der Anteil überlebender Glasaale spürbar sinkt, je höher das Vorkommen an bestimmten Stellen ist; genau diesem entgegenzuwirken ist ja das Prinzip des Glasaalfangs zu Besatzzwecken. Dass die niedrigste wissenschaftliche Schätzung, wie viele Glasaale jedes Jahr an Europas Küsten ankommen, bei weit über 1 Milliarde Glasaalen liegt, sei nur nebenbei erwähnt. Seit mehr als 10 Jahren, übrigens kurz nach Inkrafttreten der Aalverordnung, ist auch der Rückgang der Glasaalankünfte gestoppt.

Fakt ist, dass es keine allgemein akzeptierte Methode gibt, wie der Gesamtbestand und der Bestandsrückgang des Europäischen Aals gemessen werden könnten.

Hinzu kommt, dass es wissenschaftlich umstritten ist, wie lang denn eine Aal-Generation ist; meistens rechnet man mit 10 – 12 Jahren pro Generation, also wären drei Generationen etwa 30 – 35 Jahre. Betrachtet man dann die Glasaal-Kurve, so fällt auf, dass der ganz große Rückgang in den 80er-Jahren des vergangenen Jahrtausends stattgefunden hat; also vor mehr als drei Generationen. Nimmt man nur mal die letzten beiden Generationen, also den Zeitraum nach 2000, ist der Rückgang viel geringer, seit dem „Tiefpunkt“ vor ca. 15 Jahren steigen die Zahlen sogar schon wieder leicht an im Bereich „Elsewhere“ an.

Quelle ICES: Aufbereitung Willem Dekker/SEG

„Elsewhere“ umfasst die wichtigsten Glasaal-Ankunftsgebiete in Europa, insbesondere an der französischen Atlantikküste in der Biskaya und steht für über 90% der gesamten Glasaal-Ankünfte. Die Nordsee steht nur für einen kleinen Teil der Ankünfte, dabei ist es unklar, ob die Zählstellen überhaupt noch an den Plätzen liegen, wo die Glasaale ankommen oder Effekte wie Flussbett-Vertiefungen dazu geführt haben, dass die Zählstellen heute für Glasaale schwerer zu erreichen sind. Aus wissenschaftlicher Sicht besteht natürlich ein Interesse an langfristigen Zeitreihen von 50 Jahren und länger, trotzdem sollte die Fragte erlaubt sein, ob die derzeitigen Zählstellen in Deutschland, den Niederlanden und Dänemark noch die aktuelle Realität der Glasaal-Ankünfte widerspiegeln, zumal ja auch ein Teil der Glasaale gar nicht mehr in die Binnengewässer einwandert, sondern sein ganzes Leben im Meer bzw. Brackgewässern verbringt.

Was ebenfalls bei der Betrachtung des ICES-Glasaal-Index auffällt, ist der Punkt, dass bei der Festlegung des „Referenzwertes“, von dem aus der prozentuale Rückgang der Glasaal-Ankünfte betrachtet wird, bewusst oder unbewusst der Zeitraum von 1960 – 1979 gewählt wurde, ein Zeitraum, der nicht nur ein halbes Jahrhundert vergangen ist, sondern gleichzeitig auch ein Allzeithoch der Glasaal-Ankünfte darstellt, wie man unschwer im Vergleich zu den 1950er Jahren feststellen kann.

Hinzu kommt, zumindest in den Niederlanden ein weiterer Effekt, der den „Absturz“ in der 1980er Jahren verschärfte: eine Veränderung der Berechnungsmethode. Mitte der 80er Jahre wurde damit begonnen, die Nullfänge mit einzubeziehen. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden nur die Züge der Tauchnetze gezählt, bei denen auch Glasaale im Netz waren. Wurden 20 Züge mit 10 Fängen gezählt, bei denen jeweils 10 Glasaale im Netz waren, ergab dies einen Index von 100 Glasaalen/10 Züge = 10 ergibt. Nach Mitte der 80er Jahre wurden alle Züge mit dem Tauchnetz gezählt, so dass derselbe Wert als 100/20 berechnet wurde, was einen Index von 5 ergibt. Obwohl sich nichts geändert hatte, ging der Index wegen des anderen Berechnungsmodells um 50% zurück. In den NL hat DUPAN einen Mathematiker gebeten, den Einfluss dieser veränderten Methode zu berechnen, das Ergebnis steht aber noch aus.

Die Ursachen für den Rückgang werden vermutet, sind aber nicht bekannt

Das Kriterium A bedingt ebenfalls die Kenntnis über die Ursachen des Rückgangs und ihre mögliche Umkehrbarkeit. Es ist unstrittig, dass der Rückgang der Glasaalankünfte und der nicht quantifizierbare Rückgang des Gesamtbestands im Wesentlichen auf antropogene Ursachen zurückgeführt werden kann. Ebenso unstrittig ist es aber, dass es sich dabei um eine Vielzahl von Ursachen handelt, seien es nun Habitatsverluste, der Ausbau der Wasserkraft, legale und illegale Fischerei, fehlendes Prädatoren Management, Umweltverschmutzung, das Auftreten von Parasiten wie dem Schwimmblasenwurm und nicht zuletzt auch der Klimawandel. Inwieweit die einzelne Ursache zu einem bestimmten Zeitpunkt des Lebenszyklus einwirkt bzw. in einzelnen Regionen des riesigen Verbreitungsgebiets zum Rückgang beigetragen hat, lässt sich aber nicht ermitteln; der Rückgang ist nun einmal vermutlich multicausal. Ebenso klar ist es aber auch, dass sich die allermeisten der Ursachen für den Rückgang, insbesondere der Habitatsverlust, der Klimawandel und der Schwimmblasenwurm nicht einfach abstellen lassen.

Insofern ist auch dieses Kriterium nicht mehr geeignet, den „Critically endangered“-Status zu begründen, seit 10 Jahren bzw. 3 Generationen beträgt der Rückgang deutlich weniger als 90% im Hauptankunftsgebiet „Elsewhere“, die Ursachen werden vermutet, sind aber nicht bekannt und außerdem multicausal und rückgangig gemacht werden können sie auch nicht alle.

Fazit

Wenn sich die IUCN an ihren eigenen Kriterien messen lässt, ist die „Critically endangered“ Einstufung des Europäischen Aals nicht zu rechtfertigen.

Bei vieren der fünf Kriterien ist das Nicht-Zutreffen bereits auf den ersten Blick eindeutig

E:        kein 50% Risiko eines Aussterbens in freier Wildbahn                                           

D:        keine Reduzierung der Populationsgröße auf weniger als 50 Tiere           

C:        kein anhaltender Populationsrückgang auf weniger als 250 Tiere             

B:        Keine Verringerung des geographischen Gebiets auf weniger als 100 km²                      

Das Kriterium A, dass einen 90%-igen Bestandsrückgang über 10 Jahre oder 3 Generationen verlangt, ist ebenfalls nichtzutreffend, da sich der Bestand nicht messen lässt und der gerne bemühte Glasaal-Ankunfts-Index nicht geeignet ist, einen Gesamtbestand an adulten Tieren zu berechnen. Stattdessen deuten viele Indikatoren darauf hin, dass sich der Aalbestand stabilisiert hat und die Maßnahmen der EU-Aalverordnung und der Aal-Managementpläne der einzelnen Länder dazu beigetragen haben. Hierzu gehören insbesondere auch die Besatzmaßnahmen mit Glasaalen und vorgestreckten Jungaalen, wie sie in Deutschland durch Fischer und Angler seit vielen Jahren Tradition sind.          

Warum die IUCN also weiterhin eine Fischspezies, deren flächenmäßig auf über 10 Mio. km² weitverbreiteter Bestand im oberen Millionen- wenn nicht Milliardenbereich liegt, auf eine Stufe mit wirklich akut gefährdeten Arten mit wenigen hundert überlebenden Individuen stellt bleibt rätselhaft. Man kann nur hoffen, dass die IUCN dies in ihrer nächsten Überprüfung, die letzte war in 2018, endlich korrigiert, was dazu beitragen würde, den notwendigen Diskussionen ein wenig die Schärfe zu entziehen.

Absolute Zahlen betrachten anstatt schwer zu überprüfende Indices

Ebenfalls wäre es für die Diskussion hilfreich, wenn öfters auch die absoluten Zahlen betrachtet würde, statt immer nur den prozentualen Rückgang vor annähernd einem halben Jahrhundert zu bemühen. Bei einem „mittleren Aal-Besatz“, wie er etwa in Bremerhaven in die Lune und ihre Nebengewässer seit über 15 Jahren durchgeführt wird, werden jedes Jahr über 100.000 junge Aale in die Binnengewässer entlassen. In ganz Deutschland sind dies – unabhängig von der immer noch stattfindenden natürlichen Einwanderung – jährlich weit über 10 Mio. Glasaale und vorgestreckte Aale. Im Vergleich dazu noch einmal: der weltweite Tigerbestand beträgt ca. 3.100 adulte Tiere, der des Berggorillas ca. 600 Tiere und der des Riesen-Pandas 500 – 1.000 Tiere. Tiger und Gorilla werden von der IUCN eine Stufe weniger bedroht als der Europäische Aal als „endangered“ eingestuft, der Panda sogar 2 Stufen weniger bedroht als nur „vulnerable“.

Bild Aal-Besatz in Bremerhaven: Bottich mit ganz vielen jungen Aalen: Allein hier werden an einem Tag 20 mal so viele Jungtiere ausgesetzt, wie es  Tiger, Gorillas und Pandas zusammen gibt, die als weniger bedroht von der IUCN eingestuft werden.

Letztendlich zeigt sich hier auch, dass die IUCN-Kriterien in erster Linie für Säugetiere, Reptilien, Vögel und Amphibien konzipiert sind, die sich auf dem Land oder in flachen Binnengewässern aufhalten und wenig migrieren; also gut zählbar sind. Für Wanderfische, insbesondere für solche mit einem sehr großen Habitat wie etwa beim Europäischen Aal, kommt das Modell dann schnell an seine Grenzen, da schlichtweg keine Zahlen vorliegen, sondern mithilfe von Indikatoren nur schwer überprüfbare Berechnungsmodelle gefüttert werden.

Vom Aussterben bedroht ist der Aal also definitiv nicht, was uns nicht davon entbindet, ihn weiterhin zu schützen, insbesondere auf seinen einzigartigen Wanderungen. Hierzu leisten die Fischer & Angler und die Aalwirtschaft mit Instrumenten wie dem ESF tagtäglich ihren Beitrag.

Nichts tun ist keine Lösung und hilft dem Aal nicht!

Wenn wir stattdessen alle das Richtige tun, lässt sich der Aalbestand im Rahmen des verbliebenen Habitats auch wieder aufbauen und dabei – in einem vernünftigen Rahmen – auch durch Fischer, Angler und die Aalwirtschaft nutzen.

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