Anglern wird vorgeworfen, sie verwenden bei ihrer Tätigkeit das „giftige Schwermetall Blei“ und verursachen dadurch Umweltschäden, es kommt zu erhöhten Bleigehalten im Wasser und zu einer erhöhten Bleiaufnahme von aquatischen Lebewesen. Um das zu vermeiden, plant die EU ein zeitnahes Bleiverbot für die Angelfischerei. Am 20.Februar 2025 wurde der Entwurf dazu veröffentlicht. Er tritt 20 Tage nach Veröffentlichung im EU-Amtsblatt in Kraft.

Beschäftigt man sich mit der Toxikologie von Blei, muss man feststellen, dass Giftwirkungen nicht durch elementares Blei, sondern fast ausschließlich durch Bleiverbindungen, wie Bleisalze und organische Bleiderivate (Antiklopfmittel) verursacht werden. Elementares Blei in kompakter Form ist für den Menschen nicht giftig. Eine Ausnahme stellen lediglich Bleistäube dar, die über die Lunge oder durch Verschlucken aufgenommen werden können. Über die Haut wird Blei nicht aufgenommen.

Blei oder besser Bleikationen wirken beim Menschen durch toxische Effekte auf das blutbildende System und auf das Nervensystem. Sie können auch zu Magen-Darm-Beschwerden führen. Außerdem kann es zu einer akut toxischen Wirkung bei einmaliger Aufnahme hoher Dosen und zu einer chronischen toxischen Wirkung bei Aufnahme geringer Dosen über eine längere Zeit kommen. Akute Intoxikationen treten erst bei relativ hohen Dosen von Bleisalzen auf. Von Blei(II)-acetat, das auch unter dem Namen Bleizucker bekannt ist und weil es süß schmeckt vor der Verbreitung von Zucker als Zuckerersatz verwendet wurde, sind 5-30 g die tödliche Dosis für einen Erwachsenen1). Die LD50 (Ratte, oral) beträgt 4,67 g/kg). Problematisch bei Bleivergiftungen ist, dass Bleiionen schnell aufgenommen werden aber nur langsam und verzögert wieder ausgeschieden werden. Die Halbwertzeit von Blei im Weichgewebe beträgt 20 Tage. Aus Speichergeweben wie Blut und Zähnen sogar 5-20 Jahre. Das hat zur Folge, dass chronische Belastungen von 1 mg/Tag über die Nahrung sich im Körper akkumulieren und zu einer chronischen Bleivergiftung führen können. Eine Akkumulation von Blei spielt deshalb auch unter Umweltbedingungen bei Ökosystemen mit Bleibelastung eine Rolle.

Blei ist eines der am längsten und häufigsten genutzten Metalle in der menschlichen Geschichte. Es fiel bereits in großen Mengen im Zuge der antiken Silbergewinnung an und wurde beispielsweise im römischen Reich für eine Vielzahl von Anwendungen genutzt. Hier sollen nur die Verwendung für Wasserleitungen, Bleiklammern für Steinblöcke, z. B. wurden allein für das Porta Nigra ca. 7 t Blei verbaut, die Verkleidung von Schiffsrümpfen und Gebrauchsgegenstände genannt werden. Bekannt ist auch die Verwendung von Blei als Rahmen von Bleiglasfenstern in historischen Gebäuden wie Kirchen.

Mit Beginn der industriellen Revolution stieg die Nutzung von Blei und insbesondere die von bleihaltigen Verbindungen stark an. Zu einer Belastung der Umwelt trugen vor allem die, seit dem ersten Weltkrieg immer mehr Verbreitung findenden, bleihaltigen organischen Antiklopfmittel (Bleitetraethyl und -methyl) die dem Benzin zugesetzt wurden bei.

Auch heute ist Blei eines der am häufigsten verwendeten Metalle. 2023 wurden 4.370.000 t Blei weltweit produziert. Haupteinsatzgebiet ist die Herstellung von Bleibatterien.

Aktuelle Angaben zur Verwendung von Blei in Deutschland sind schwer zu finden. Gemäß einer Studie des Umweltbundesamtes (UBA) zum Bleirecycling wurden 2015 in Deutschland 357.000 t Blei verwendet. Drei Viertel davon entfielen auf die Herstellung von Starterbatterien für Automobile, 19 % auf Halbzeug und Kabel und 9 % wurden in der Chemie und Glasindustrie eingesetzt2).

Für den Verkauf von bleihaltigen Angelutensilien für Deutschland gibt es keine konkreten Zahlen. EU weit wird nach einer Studie der European Chemical Agency (ECHA) mit 2.000 bis 6.000 t Blei gerechnet, für die Berufsfischerei sollen es sogar 2.000 – 9.000 t sein3). Vermutlich liegt der Verkauf von bleihaltigen Angelutensilien in Deutschland ähnlich hoch wie etwa in den Niederlanden und kann auf ca. 500 t/Jahr geschätzt werden 4).

Im Vergleich zum Gesamtbleiverbrauch ist der Einsatz von Blei bei der Angelfischerei relativ gering. Da aber beim Angeln die Möglichkeit des Verlustes von Bleigewichten und damit ein direkter Eintrag in ein Ökosystem erfolgen kann, muss das chemische Verhalten von Blei in Gewässern betrachtet werden.

Elementares Blei, wie es beim Angeln ausschließlich verwendet wird, hat die Eigenschaft, dass es sich schnell oberflächlich passiviert. Dies geschieht vorwiegend durch die Bildung von Bleikarbonat, aber auch durch die Bildung von Bleisulfid und Bleioxid. Allen diesen Verbindungen ist gemeinsam, dass sie kaum wasserlöslich sind. Blei(II)-carbonat ist bei 20 °C praktisch unlöslich5).

Jeder, der Umgang mit Blei hat kennt diesen Vorgang. Unmittelbar nach der Herstellung ist die Bleioberfläche silbrig-metallisch, färbt sich aber schnell weiß, schwarz oder in Mischfarben ein. Diese Oberflächenpassivierung ist der Grund dafür, dass Blei sehr beständig ist. Das oberflächlich passivierte Blei oxidiert weder im Boden noch im Wasser weiter. Gegenstände aus Blei bleiben über Jahrhunderte unverändert erhalten. Das unterscheidet es etwa vom Eisen, Eisengegenstände werden durch Korrosion letztendlich vollständig aufgelöst.

Als bisher ältester gefundener Bleigegenstand gilt ein Fund von Bleiperlen in Anatolien, der auf etwa 6500 v. C. datiert wurde6). Bleimunition, die in der Antike mit Schleudern und seit Aufkommen des Schwarzpulvers in Mengen verschossen wurde, findet sich ebenfalls bis heute unverändert im Boden. Oft ist der gehäufte Fund von Bleikugeln für Archäologen ein Anhaltspunkt für das Auffinden historischer Schlachtfelder.

Bei der Verwendung von Blei für Wasserrohre sorgt die Oberflächenpassivierung dafür, dass kaum Blei im Wasser gelöst wird. Lediglich bei sehr weichem oder saurem Wasser kann Blei angegriffen werden. Da Trinkwasser ein täglich und lebenslang genutztes Lebensmittel ist, steht es aber unter besonderem Schutz und die Verwendung von Bleirohren ist verboten. Seit 1973 werden Bleirohre nicht mehr eingebaut. Der Grenzwert für Blei im Trinkwasser wurde in den letzten 15 Jahren von 45 auf 10 µg/L gesenkt und liegt seit 2023 bei 5 µg/L (zum Vergleich der Grenzwert für Kupfer beträgt 2000 µg/L).

Die jahrhundertelange Nutzung von Blei hat zu in der heutigen Zeit zu einer Belastung der Umwelt mit Bleiverbindungen geführt. Die Hauptursache dafür war die Verwendung von organischen Bleiverbindungen als Antiklopfmittel in Benzin. Diese Verbindungen sind selbst hochtoxisch und wurden durch die Verbrennung in Motoren großflächig in die Umwelt verteilt. Durch Analysen von Blei im Grönlandeis lässt sich nachweisen, dass die Bleibelastung mit Beginn der Industrialisierung angestiegen ist und ab 1950 mit zunehmender Motorisierung exponentiell zunahm. Erst nach dem Verbot der Verwendung bleihaltiger Antiklopfmittel sinkt seit den 70èr Jahren die Bleibelastung der Umwelt wieder.

Eine Untersuchung aus dem Jahr 2000 geht davon aus, dass die anthropogene, durch den Menschen verursachte) Bleibelastung des Bodes hauptsächlich durch Bleistäube (572 t/Jahr), gefolgt von Dünger (318 t/Jahr), Klärschlamm (90 t/Jahr) und Kompost 77,1/Jahr erfolgt. Die Belastung von Gewässern resultiert hauptsächlich durch Ausschwemmungen von bleibelasteten Böden.

In diesem Zusammenhang von Interesse ist auch, dass Blei ein Mineral darstellt. Es kommt quasi in allen Böden vor, was ein Grund für das die relativ hohe Pflanzenverträglichkeit gegenüber Blei ist. Der natürliche Bleigehalt von Böden liegt zwischen 2 und 60 mg/kg. Als Prüfwerte für den Wirkungspfad Boden-Mensch legt die BBodSchV (Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung) für Blei für Kinderspielplätze 0,2 g/kg TS (Trockensubstanz), für Wohngebieten 0,4 g/kg TS, für Park und Freizeitflächen 1 g/kg TS und für Industrie und Gewerbegrundstücken 2 g/kg TS fest7). Das sind relativ hohe Werte. Gemäß DüMV (Düngemittelverordnung) können organische Düngemittel wie Komposte, Gärprodukte oder Klärschlamm bis zu 0,1 g Blei/kg TS aufweisen8,9).

Gegenüber der Belastung von Gewässern durch Bodenausschwemmungen stellt das Einbringen von elementarem Blei dank der Oberflächenpassivierung eine geringe ökotoxikologische Gefährdung dar. Toxische Effekte von Blei sind nur nach direkter oraler Aufnahme zu erwarten. In der Magensäure erfolgt eine Auflösung des Bleis, die gebildeten Bleisalze werden resorbiert und abhängig von der aufgenommenen Menge an Blei kann es zu einer Intoxikation kommen. Dieser Effekt ist bei der Verwendung von Bleischrot in der Jagd bekannt. Beschossenes Niederwild, das vom Jäger nicht gefunden wird, kann von Raubvögeln gefressen werden. Mitaufgenommenes Bleischrot kann dann in der beschriebenen Weise zu Vergiftungen führen.

Im Gegensatz dazu werden die Bleiköder beim Angeln nicht von den Fischen aufgenommen. Die Gefahr einer direkten Bleiintoxikation besteht also nicht. Erhöhte Bleigehalte in Fischen, Wasservögeln und Seehunden werden zwar auch in Richtung der Aufnahme von kleineren Bleigewichten diskutiert, die Datenlage hierzu ist aber dünn. Vor einer solchen Behauptung muss genauestens abgeklärt werden, ob es sich nicht um Anreicherungen über die Nahrungskette handeln könnte. Lediglich für Schwäne ist bekannt, dass sie vermutlich über das Gründeln kleinere Bleigewichte aufgenommen haben wodurch es zu Intoxikationen kam10).

Zusammenfassend zur Verwendung von Blei in der Angelfischerei kann gesagt werden, dass es stärkere Quellen, z. B. Bodenausschwemmungen für die Belastung von Gewässern durch Bleiverbindungen gibt. Aufgrund des ausschließlichen Einsatzes von metallischem Blei, das sich in Gewässern oberflächlich passiviert, ist ein direkter Bleieintrag durch verlorenen Bleikörpern kaum möglich. Formkörper aus Blei werden im Gegensatz zu Bleischrot auch nicht von Fischen aufgenommen und gelangen so nicht in die Nahrungskette.

Im Sinne des Vorsorgegebotes ist dennoch eine Reduzierung der Verwendung von Blei angebracht. Die Anglerschaft betreibt das aber bereits seit längerem. Es werden Köder aus metallfreien Materialien, Wolfram (Tungsten) oder einfache Steinmontagen getestet. Berichte über bleifreie Montagen finden sich regelmäßig in unseren Fachzeitschriften.

Der Übergang zur Ablösung von Blei ist also schon eingeleitet. Dazu braucht es keines EU-weiten Verbotes. Das Verbot wirkt eher kontraproduktiv, da der es sicher einiger Zeit braucht um optimale Lösungen für den Bleiersatz zu finden.

  1. Reinhard Ludewig, Karlheinz Lohs: Akute Vergiftungen. 6. Auflage. Gustav-Fischer-Verlag, Stuttgart 1981, ISBN 3-437-10697-X, S. 127–129
  2. https://www.umweltbundesamt.de/blei#hinweise-zum-recycling
  3. Annex XV Investigation report. A review of the available informations on lead in shot used in terrestrial environments, in ammunition and in fishing tackle. European Chemicals Ageny, Helsinki, Finnland.
  4. https://angelmagazin.de/ratgeber/angeln-mit-blei-bleiverbot-fuer-deutschland/
  5. Sicherheitsdatenblatt Blei(II)-carbonat Merck
  6. Gmelin-Institut für anorganische Chemie und Grenzg: Blei Teil A 1: Geschichtliches. Springer-Verlag, 2013, ISBN 978-3-662-11844-3, S. 6
  7. Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung vom 9. Juli 2021 (BGBl. I S. 2598, 2716)
  8. Düngemittelverordnung vom 5. Dezember 2012 (BGBl. I S. 2482), die zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 2. Oktober 2019 (BGBl. I S. 1414) geändert worden ist
  9. Klärschlammverordnung vom 27. September 2017 (BGBl. I S. 3465), die zuletzt durch Artikel 137 der Verordnung vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1328) geändert worden ist
  10. Wood, K. A., Brown, M. J., Cromie, R. L., Hilton, G. M., Mackenzie, C., Newth, J. L., Pain, D. J., Perrings, C. M., & Rees, E. C. (2019). Regulation of lead fishing weights results in mute swan population recovery. Biological Conservation, 230, 67-74.)

Auf den Begriff „Gift“ soll hiermit noch eingegangen werden. Als Gift bezeichnet man einen Stoff, der Lebewesen ab einer bestimmten, geringen Dosis einen Schaden zufügen kann. Mit der Zunahme der Expositionsmenge eines Wirkstoffes steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Gesundheitsschädigungen durch eine Vergiftung auftreten. Ab einem bestimmten Dosisbereich ist somit nahezu jeder Stoff als giftig einzustufen (Wikipedia).

https://www.dafv.de/themen/gewaesser-und-naturschutz/dafv-stellungnahme-zu-dem-moeglichen-verbot-von-bleigewichten-beim-angeln

Autor: PD Dr. rer. nat. Dr. rer. med. habil. Harald Below

Einen herzlichen Dank an den Verfasser!