Um Köder am Grund oder in einer bestimmten Tiefe anzubieten sind Beschwerungen in der Angelei kaum wegzudenken.

Die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) diskutiert bereits seit Juli 2019 über die Risiken bei der Verwendung von Blei im Rahmen der Freizeitfischerei in Europa. Am 18.11.2020 gab es dazu einen (virtuellen) Runden Tisch mit Vertretern der Angelgerätehersteller, Handel und Fischereiverbänden.

Historie

Die Verwendung von Blei im Rahmen der Freizeitfischerei wird in der EU seit vielen Jahren kritisch gesehen. Bereits im Jahr 2014 wurde im Rahmen der „Convention on the Conservation of Migratory Species and Wild Animals“ (COP11), ein so genannter Leitfaden erarbeitet, welcher ebenfalls das Vergiftungsrisiko von Zugvögeln durch Blei thematisierte. Darin enthalten war auch ein Kapitel über Bleibeschwerungen beim Angeln und damit verbundene Empfehlungen, die Nutzung dieser zu reduzieren.

Einige Mitgliedsstaaten der Europäischen Union wie beispielsweise Dänemark und Schweden sowie das kürzliche ausgetretene Vereinigte Königreich haben den Verkauf bzw. die Verwendung von Blei beim Angeln bereits eingeschränkt. So gibt es in Dänemark seit 1998 ein Verkaufsverbot für Angelgeräte, die Blei enthalten. Auch in den USA ist die Verwendung von Blei beim Angeln für alle Gewässer, die vom US Fish & Wildlife Service bewirtschaftet werden, bald verboten. Der Erlass wurde einen Tag vor Ende der Amtszeit von Präsident Obama unterschrieben und sieht vor, dass das Angeln mit Blei maximal nur noch bis zum Januar 2022 erlaubt ist.

Der Prozess ist in der EU noch in einer frühen Phase, aber eine Studie der ECHA aus dem Jahre 2018[1] kommt zu dem Ergebnis, dass es ernstzunehmende gesundheitliche und umweltrelevante Risiken gibt, welche eine Verwendung von Blei für Jäger, Sportschützen (Schrot und Patronenkugeln), Angler (Gewichte und Köder) und Berufsfischer (Netze und Seile) in Frage stellt. Die ECHA schätzt, dass jedes Jahr zwischen 2000-6000 Tonnen Blei durch das Angeln in die Gewässer der EU eingetragen werden. Die Berufsfischerei kommt in diesem Zusammenhang sogar auf 2000-9000 Tonnen pro Jahr. Diese Werte sind jedoch mit vielen Unsicherheiten verbunden, da sich diese auf Marktanalysen beziehen und sich somit primär auf den Verkauf von bleihaltigen fischereilich- oder anglerisch erzeugten Produkten stützen.[2]

Ausblick

Derzeit erarbeitet die ECHA unter Beteiligung der verschiedenen Interessengruppen ein so genanntes „Restriction Proposal“ – also einem Beschränkungsvorschlag. Dieser Vorschlag soll im ersten Quartal 2021 an das Risk Assessment Committe (RAC) sowie dem Socio-Economic Analysis Committee (SEAC) übermittelt werden. Ab März 2021 erfolgt dann eine Öffentlichkeitsbeteiligung bis voraussichtlich September 2021. Nach weiteren internen Abstimmungen wird das finale Dokument dann im zweiten Quartal 2022 an die Europäische Kommission übergeben. Nach dem derzeitigen Stand[3] plant die ECHA ein Verbot für den Verkauf und die Verwendung von Bleigewichten beim Angeln ≤ 50 g in drei Jahren; > 50 g in fünf Jahren und ein sofortiges Verbot für Angeltechniken, bei denen Bleigewichte vorsätzlich verloren gehen. (so genannte „lead drop off techniques“).

„Alle Schwäne in UK gehören der Queen“

Es ist umstritten, in welcher Form sich ein verlorenes Blei beim Angeln im Gewässer möglicherweise negativ auf die Umwelt auswirkt. Im Unterschied zur Jagd tritt das Blei in der Regel nicht in den Organismus von Fischen ein und damit auch nicht in den Nahrungskreislauf. Darüber hinaus sind uns keine belastbaren Messwerte bekannt, dass verlorene Angelbleie die Bleikonzentration in angelfischereilich genutzten Gewässern erhöht haben. Im optimalen Fall oxidiert das Blei, sedimentiert am Gewässergrund und geht demzufolge nur in sehr geringem Maße in Lösung. Es gibt jedoch vereinzelt Berichte, dass gründelnde Wasservögel möglicherweise kleine Bleischrote bei der Nahrungssuche versehentlich aufnehmen können.[4] Viele Vögel müssen Steine aufnehmen, um damit ihre Nahrung (Körner/Samen), im so genannten Muskelmagen, zu verarbeiten. So gibt es Berichte[5] über verstorbene Schwäne (Cygnus olor) in England, die auf die Aufnahme von Angelblei zurückzuführen waren. Diese Geschehnisse reduzierten sich jedoch durch das Verbot von Blei zwischen 0,06 – 28,35 Gramm ab dem Jahre 1987. Die ECHA bezweifelt das diese Probleme nur in UK und Irland vorliegen, da Blei beim Angeln in den meisten Mitgliedsstaaten in Europa allgegenwärtig ist.

Um es an einem Beispiel zu verdeutlichen: Alle wilden Schwäne in England gehören der Queen. Jedes Jahr im Juli lässt Queen Elizabeth II. die Höckerschwäne entlang der Themse zählen. Nehmen Wasservögel Blei als so genannte Mahlsteine für ihren Muskelmagen auf, zersetzt die aggressive Magensäure laut den angeführten Studien das Schwermetall und die Vögel nehmen Schaden. Das mag ein Umstand sein, warum die Verwendung von Blei beim Angeln in UK bereits verboten wurde.

Während Schwäne nur in geringen Wassertiefen gründeln ca. 1,5 -2m. Gehen Stockenten auch schon mal bis 3 m Tiefe, ein Blesshuhn bis ca. 7 m. Tauchenten, wie z.B. die relativ häufige Reiherente, teilweise noch tiefer. Dazu sind 1-4 Meter wohl auch die gewöhnlichen Angeltiefen für das Stippangeln mit Klemmbleien.

Es geht bei dem Umgang mit Blei nicht nur um das Angeln selbst

Laut ECHA geht es aber nicht nur um den Verlust von Blei im Gewässer. Auch die Herstellung, Verarbeitung, Lagerung und der Umgang mit Blei im Haushalt und beim Angeln stellt gesundheitliche Risiken dar. So sind bereits 2017 die Sets zum Bleigießen an Silvester aus dem Handel verschwunden. Im April 2018 traten neue Bleigrenzwerte in der EU in Kraft. Diese werden durch die europäische Chemikalienverordnung festgelegt. Außerdem gibt es seit 2018 auch eine neue Verordnung zu Blei in Spielzeug. Davon betroffen sind Fingerfarben, Buntstifte und Wasserfarbkästen. Bisher waren bleihaltige Produkte beim Angeln von dieser Regelung ausgenommen.

Geschätzte 5000 Tonnen Blei werden im Angelsektor jährlich in der EU verkauft, dazu kommt noch eine unbekannte Menge von selbst gegossenen Bleibeschwerungen.[6] 25% davon werden in der EU produziert der überwiegende Anteil 75% importiert.

Blei ist günstig zu erwerben, sowie finden sich im Internet und den sozialen Medien zahlreiche Anleitungen zum Selbergießen von Gewichten und beschwerten Haken (z.B. Jigköpfe) inklusive der notwendigen Gussformen. Eine Praxis die laut ECHA enorme gesundheitliche Risiken birgt. Beim Erhitzen von Blei verdampfen Bleioxide, die von umstehenden Personen eingeatmet werden können. Dadurch können Schädigungen sowohl an Nervensystemen, Hirn, Niere als auch der Leber entstehen.

Ein Verkaufsverbot von bleihaltigen Beschwerungen und Ködern könnte Angler in Zukunft dazu bewegen, ihre Köder und Gewichte vermehrt zu Hause selbst zu gießen.

Am Ende der ECHA-Studie[7] heißt es: „Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass das Risiko bei der Verwendung von Blei beim Angeln mit einer Einschränkung beim Handel und der Verwendung signifikant reduziert werden kann.“.

Welche Alternativen zu Blei gibt es und was sagen die Angler zur Thematik? Antworten auf die diese und weitere Fragen im vollständigen Artikel unter LINK: https://www.dafv.de/projekte/europaarbeit/item/447-verwendung-von-blei-beim-angeln

DAFV