Rostock/Schwerin. Tonnenweise Fischkadaver im Kleinen Jasmunder Bodden auf der Insel Rügen. In der Peene bei Anklam. In der Barthe. Und zuletzt in der Rummelbeck bei Bad Kleinen. Immer wieder kommt es in Mecklenburg-Vorpommern zu zum Teil dramatischen Fischsterben. Häufige Ursache: Gewässerverschmutzungen. Und die werden in MV immer häufiger festgestellt. Waren es im Jahre 2019 landesweit noch 101, zählten die Ermittler im Jahr darauf bereits 109 und 2021 sogar 138, so die polizeiliche Kriminalstatistik. Aufklärungsquote im vergangenen Jahr: knapp 50 Prozent. In den Jahren zuvor wurde gerade mal jeder dritte Fall aufgeklärt.

Denn: In vielen Fällen seien die Ermittlungen zu den Verursachern „sehr kompliziert“, erklärt Michaela Freudenreich vom Landeswasserschutzpolizeiamt MV in Waldeck bei Rostock. Bei anderen wiederum seien die Täter bereits bekannt – zum Beispiel bei Unachtsamkeit beim Betanken von Booten.

Umweltschützer sind sauer: Um Ursachen und eventuell Schuldige zu finden, müssten Wasserschutzpolizei, Behörden und Labore schneller aktiv werden, fordert Corinna Cwielag, Landesgeschäftsführerin des BUND. „Wasser fließt weg, und tote Fische sinken ab oder werden gefressen.“

Das betont auch Axel Pipping, Geschäftsführer des Landesanglerverbandes MV. Und fordert: Wenn wirklich mal ein Schuldiger identifiziert wird, muss der härter bestraft werden. „Das muss richtig wehtun, abschrecken!“ Denn: Die Schäden gehen häufig über das eigentliche Fischsterben hinaus. Oft würden wertvolle Biotope beschädigt – Laichgewässer, Kinderstuben von Fischen. „Wir alle sollten unsere Gewässer pfleglich behandeln.“, mahnt Pipping.

Beispiel Fischsterben in der Rummelbeck und im Wallensteingraben, der den Schweriner See und die Ostsee verbindet: Hier wurden im August wichtige Laichgewässer für die Meerforelle geschädigt, beklagt Axel Pipping. „Da wurde die Arbeit von mehreren Jahren zunichtegemacht.“ Die professionelle Betreuung von Gewässern sei teuer und personalintensiv, so der Verbands-Chef.  Und Ehrenamtler bei der Stange zu halten, das werde nach solchen Vorfällen noch schwieriger.

Die Ursachen dieses Fischsterbens sind vielfältig: Viele Gewässer in MV waren im August durch niedrige Wasserstände, hohe Temperaturen und geringen Sauerstoffgehalt belastet – so auch die Rummelbeck. Hier wurden zudem Nitrit und Ammonium in Konzentrationen nachgewiesen, die für viele Fische gefährlich sind. Die Wasserbehörden gehen davon aus, dass Gewässerunterhaltungsmaßnahmen zu dem Fischsterben geführt hätten.

Nämlich eine sogenannte Sohl-Krautung. Dabei werden Pflanzen aus dem Gewässer entfernt, um es durchlässig zu halten, erläuterte Landwirtschaftsminister Till Backhaus (SPD). Zugleich werden aber auch oft nährstoffbelastete Sedimente aufgewirbelt. Zudem seien auch Fäkalbakterien aufgefallen, so dass „weitere Faktoren das Fisch- sterben begünstigt haben“ könnten, so Backhaus.

BUND-Chefin Cwielag geht diese Erklärung nicht weit genug: „Wir müssen generell abwägen, ob solche Krautungen sinnvoll sind.“ Sie plädiert dafür, derartige Arbeiten einzuschränken oder ganz zu unterlassen. „Wir wollen doch das wertvolle Wasser in der Landschaft halten.“ Krautungen jedoch lassen es schneller ablaufen, wirbeln Sedimente auf, zerstören Lebensräume.

Januar 2022, verendete Fische aus dem Jasmunder Bodden. Tonnenweise Tiere wurden geborgen bei der Großaktion von LAV M-V e.V., Biosphärenreservat, Technische Hilfswerk, organisiert vom STALU VP. Foto: Claudia Thürmer, LAV M-V e.V.

Anderes Beispiel: Bis heute nicht geklärt ist das Fischsterben Anfang dieses Jahres im Kleinen Jasmunder Bodden auf Rügen: Damals verendeten hier Tausende Brassen, Barsche, Zander, Flundern und Hechte. Laut Backhaus konnte die Ursache bis heute nicht abschließend geklärt werden. Positiv: Seit Ende Mai darf hier wieder geangelt und gefischt werden.

Fakt ist: Wer ein Gewässer verunreinigt oder dessen Eigenschaften nachteilig verändert, wird mit Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren oder Geldstrafen bestraft. Bereits der Versuch ist strafbar. Handelt der Täter fahrlässig, so kann die Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren betragen.

Anglerverbandschef Pipping appelliert insbesondere an Bauern, Wassersportler, Anlieger an Seen, Bächen und Flüssen: „Wir alle sollten unsere Gewässer pfleglich behandeln.“ Und – speziell an Bootsfahrer gerichtet: Mitunter gebe es „verheerende Mengen Müll“ an Ufern und auf beziehungsweise im Wasser.  

Thomas Luczak, OZ